OpenPGP für Anfänger

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    Einleitung

    Die effektive Sicherheit einer Kryptografielösung hängt mehr davon ab, dass man weiß, was man tut und was bestimmte technische Effekte bedeuten (und was eben nicht!), als von z.B. Schlüssellängen und der verwendeten Software. Deshalb soll dieser Artikel Ihnen eine Einführung in die Kernkonzepte von OpenPGP bieten.

    Dieser Artikel ist für Anfänger, weswegen allzu komplizierte Aspekte weggelassen werden; er beschränkt sich auf das, was für Anfänger wichtig ist. Außerdem gibt es in diesem Artikel keine Anleitungen, wie Sie etwas mit einer bestimmten Software erreichen können. Dafür haben Sie die Dokumentation der jeweiligen Software. Dieser Artikel soll Ihnen helfen, die dort beschriebenen Aktionen besser zu verstehen.

    Es gibt einen gesonderten Artikel, der Sie auf die Erzeugung eines Schlüssels vorbereitet, und einen, der die für fortgeschrittene Anwender relevanten Konzepte und Aspekte erklärt.

    Asymmetrische Schlüssel

    OpenPGP verwendet Schlüsselpaare. Das bedeutet, dass es immer einen geheimen Schlüssel und einen öffentlichen Schlüssel gibt, die zueinander gehören. Im Gegensatz zu dem intuitiv gut verständlichen Konzept der symmetrischen Verschlüsselung (d.h. dasselbe Passwort verschlüsselt und entschlüsselt die Daten) ist diese Technologie schwer verständlich. Denken Sie darüber nicht lange nach, akzeptieren Sie das einfach. Die Mathematik dahinter ist ein mittelmäßiger Alptraum, so dass die Betrachtung der Details für die meisten Leute nur anstrengende Zeitverschwendung wäre.

    Wie die Bezeichnungen schon sagen: Der geheime Schlüssel darf nur seinem Besitzer bekannt sein, der öffentliche Schlüssel dagegen ist idealerweise jedem bekannt. Bei symmetrischer Verschlüsselung war das Problem, das gemeinsame Passwort sicher mit dem Empfänger der Nachricht auszutauschen. Mit öffentlichen Schlüsseln verschiebt sich das Problem: Jetzt liegt die (allerdings weniger offensichtliche) Herausforderung darin, verlässlich den richtigen öffentlichen Schlüssel zu verwenden (und nicht einen manipulierten, den einem ein Angreifer unterzuschieben versucht).

    Verschlüsselung

    Eine der beiden Funktionen von OpenPGP ist Verschlüsselung (und Entschlüsselung). Man verschlüsselt die Daten für einen oder mehrere öffentliche Schlüssel (symmetrische Verschlüsselung, also die Verwendung eines Passworts, ist auch möglich, wird aber nur selten verwendet). Für die Entschlüsselung ist der geheime Schlüssel eines der Empfängerschlüssel nötig.

    Abgesehen von dem bereits erwähnten Problem "Welcher ist der richtige Schlüssel, für den verschlüsselt werden soll?" sind Verschlüsselung und Entschlüsselung ziemlich einfache Operationen, weil keine Gefahr von Missverständnissen besteht: Man verschlüsselt etwas, und niemand außer den Besitzern der Empfängerschlüssel kann es lesen. Auf der anderen Seite kann man etwas entweder entschlüsseln oder eben nicht. Die entschlüsselten Daten an sich mögen Fragen aufwerfen, die Kryptooperation aber nicht. Aber: Teil des Problems "Welcher ist der richtige Schlüssel zum Verschlüsseln?" ist nicht nur die Frage "Wer ist der Besitzer dieses Schlüssels?", sondern auch "Ist dieser Schlüssel sicher genug für die zu verschlüsselnden Daten?". Dabei geht es weniger um Schlüssellängen usw., sondern um die Handhabung des Schlüssels. Deshalb sollten Sie zumindest vor dem Verschicken brisanter Informationen mit dem Schlüsselbesitzer klären, welches Sicherheitsniveau der Schlüssel hat.

    digitale Unterschriften (Signaturen)

    Die Verschlüsselung von Daten kann gewissermaßen umgekehrt werden: Anstatt Daten zu erzeugen, die nur ein Schlüssel lesen kann, kann man (zu einem gegebenen Datensatz) Daten erzeugen, die jeder lesen kann, die aber nur mit einem bestimmten Schlüssel erzeugt worden sein können. Die Unmöglichkeit, ohne Zugriff auf diesen Schlüssel dieselben Daten zu erzeugen, macht diese Daten zu einer Unterschrift für den fraglichen Datensatz. Und auch hier gilt: Fragen Sie nicht, wie das funktioniert; es sei denn, Sie mögen Mathe sehr.

    Eine der großartigen Eigenschaften von Kryptografie ist, dass für jeden (Computer) trivial zu überprüfen ist, ob ein bestimmter Schlüssel eine Unterschrift erzeugt hat – so ganz im Gegensatz zu händischen Unterschriften. Wenn man einen bestimmten Schlüssel einer bestimmten Person zuordnen kann, dann kann man auch die Unterschriften dieses Schlüssels dieser Person zuordnen – sofern der Schlüssel nicht kompromittiert wurde. Es ist Ihnen vielleicht schon aufgefallen: An dieser Stelle ist aus der technischen Problematik bereits eine organisatorische (und rechtliche) geworden.

    Technologie kann nicht alle Ihre Probleme lösen. Es ist extrem wichtig für den sicheren Umgang mit Kryptografie, dass Sie sich immer im klaren darüber sind, wo die Grenze zwischen technischen und organisatorischen Problemen verläuft (also auf welcher Seite Sie gerade sind).

    Die Zuordnung eines Schlüssels zu einer Person ist nicht einmal der schwierigste Teil. Der ist: "Was genau bedeutet diese Signatur?" Ist Ihre Einschätzung rechtlich bindend für den Unterzeichner? Die inhaltliche Bedeutung einer Signatur kann so gering sein wie bei einem Zeitstempel (was eine absolut seriöse und notwendige Anwendung von kryptografischen Signaturen ist!), der nur nachweist, dass ein bestimmtes Dokument zum fraglichen Zeitpunkt schon existierte (und nicht erst später erzeugt wurde).

    Wenn jemand alle seine E-Mails signiert (um Absenderfälschungen vorzubeugen), dann bedeutet der bloße Umstand, dass Ihnen ein bestimmtes Dokument als Anhang einer signierten Mail geschickt wurde, rechtlich wohl erst mal gar nichts, sondern eben nur, dass der Absender Ihnen anbieten wollte, mal einen Blick darauf zu werfen. Wenn in der E-Mail (im signierten Text, nicht im unsignierten Betreff) etwas steht wie "Ich akzeptiere die angehängte Vereinbarung", dann dürfte die Bedeutung dagegen klar sein und das Restrisiko technischer Art sein (ein kompromittierter Schlüssel niedrigen Sicherheitsniveaus).

    Deshalb ist es sinnvoll, Schlüssel auf unterschiedlichen Sicherheitsniveaus zu haben: Einen für eine angemessene Absicherung alltäglicher Aktivitäten (E-Mail) und einen für die Unterzeichnung von Verträgen, wobei jeder Schlüssel eine eigene Schlüsselrichtlinie haben sollte, die neben dem Sicherheitsniveau die Grenzen und Berechtigungen des jeweiligen Schlüssels erläutert.

    Im Gegensatz zu Verschlüsselung hat eine Signatur keinen (technischen) Adressaten. Jeder mit Zugang zum öffentlichen Schlüssel kann die Signatur prüfen. In den meisten Fällen ist das kein Problem (sondern ganz im Gegenteil sogar gefordert). Statt eines Adressaten wählt man den geheimen Schlüssel aus, der die Signatur erzeugen soll (wenn man mehrere zur Auswahl hat).

    Das große "Welcher ist der richtige öffentliche Schlüssel?"-Problem besteht bei Signaturen genauso wie bei Verschlüsselungen. Zwar nicht beim Erzeugen einer Signatur, aber bei der Interpretation einer (technisch) erfolgreichen Signaturprüfung. Die entscheidende Frage ist aber: "Was bedeutet diese Signatur?" Offensichtlich bedeutet eine Signatur, die von "irgendeinem" Schlüssel erzeugt wurde, gar nichts. Jeder könnte sie erzeugt haben. Die Existenz der Signatur an sich sagt nicht mehr aus als, dass jemand mit Zugang zum geheimen Schlüssel sich entschieden hat, diese Signatur zu erzeugen. Dies ist ein rein technischer Aspekt ohne praktische Relevanz.


    Zuordnung der Schlüssel zu Personen

    Dies ist einer der schwierigen Aspekte. Da nur wenige Leute dies wirklich gut machen, ist das ganze System weniger sicher als die meisten Leute annehmen. Man muss dabei vier Elemente auseinanderhalten. Das erste ist am einfachsten zu handhaben: der Schlüssel selber. Sie müssen sichern sein, dass Sie das richtige Schlüsselmaterial (die große Zufallszahl) verwenden.

    Da Schlüssel zu groß sind, um manuell verglichen zu werden, vergleicht man statt dessen sichere Hashwerte. Auch dies: Übler Mathe-Kram, den Sie zum Glück nicht verstehen müssen. Eine Hashfunktion mach dies: Man füttert sie mit einer beliebigen Menge Daten welcher Art auch immer (von einer einzelnen Ziffer bis hin zu einem DVD-Image), und sie gibt daraufhin eine "Zahl" fester Länge aus. Wenn es als unmöglich gilt, unterschiedliche Eingabedaten zu finden, die zur selben Ausgabe führen, dann handelt es sich um eine sichere Hashfunktion.

    OpenPGP nutzt zur Zeit die Hashfunktion SHA-1, um Schlüssel zu indentifizieren. SHA-1 hat zwar inzwischen bekannte Sicherheitsprobleme, aber die betreffen die Verwendung bei OpenPGP nicht. Ein SHA-1-Wert sieht so aus:

           7D82 FB9F D25A 2CE4 5241  6C37 BF4B 8EEF 1A57 1DF5
    

    Das nennt man den Fingerabdruck (fingerprint) des Schlüssels. Es gibt zwei Möglichkeiten, sich über die Identität eines Schlüssels (des reinen Schlüsselmaterials) Gewissheit zu verschaffen, ohne dass Dritte involviert sind: Man beschafft sich entweder den Schlüssel (oder ganz allgemein: die Datei) oder aber dessen Fingerabdruck jeweils aus einer sicheren Quelle (vom Schlüsselbesitzer übergebener USB-Stick), wobei der Fingerabdruck offensichtlich die einfachere Variante ist, da man ihn auf kleine Zettel oder sogar Visitenkarten drucken und verteilen kann.

    Ihre OpenPGP-Anwendung zeigt Ihnen den Fingerabdruck des Schlüssels, den Sie aus einer unsicheren Quelle (z.B. Keyserver) haben, und Sie vergleichen dann den Fingerprint der vorliegenden Datei mit dem, den die Datei haben muss. Wenn beide identisch sind, können Sie bezüglich des Schlüssels sicher sein: Deshalb: Haben Sie immer ein paar kleine Zettel mit dem Fingerabdruck Ihres Schlüssels dabei!

    Ein öffentlicher OpenPGP-Schlüssel (ein "Zertifikat") besteht aus zwei Komponenten: dem Schlüsselmaterial und den User-IDs. Eine User-ID ist eine mehr oder weniger beliebige Zeichenkette, die typischerweise wie folgt aufgebaut ist:

           Vorname Nachname (Kommentar) <E-Mail-Adresse>
    

    Viele User-IDs haben keinen Kommentar, manche haben keine E-Mail-Adresse, und es gibt auch welche ohne (richtigen) Namen (z.B. für anonyme Nutzung). Auch wenn Sie sich beim Fingerprint sicher sind, können Name, E-Mail-Adresse und Kommentar falsch sein.

    Die E-Mail-Adresse ist relativ einfach zu prüfen: Schicken Sie eine verschlüsselte Nachricht an die Adresse und warten Sie auf eine Antwort, die garantiert, dass die Nachricht entschlüsselt werden konnte.

    Die Identität einer unbekannten Person zu prüfen ist nicht einfach. Auf Keysigning-Partys wird das durch die Vorlage von Personalausweisen (o.Ä.) gemacht. Aber würden Sie einen gut gefälschten Ausweis erkennen, womöglich noch einen ausländischen?

    Glücklicherweise ist für Ihre eigenen Zwecke die Identität meistens nicht so wichtig. "Derjenige, den ich auf jener Veranstaltung getroffen habe und der sich als Peter vorgestellt hat" reicht in der Regel völlig aus. Die Identitätsprüfung ist deshalb primär ein Problem für das Web of Trust (siehe unten).

    Auch Kommentare können kritisch sein, etwa wenn sie etwas über die Stellung desjenigen aussagen: Der Kommentar "Vorstand der Wasauchimmer AG" kann einen echten Unterschied ausmachen (wenn nicht für Sie, dann zumindest für jemand anderen). Die Frage, wann man eine User-ID akzeptiert (und für die Öffentlichkeit zertifiziert) ist kompliziert.

    Den meisten Leuten ist diese Problematik nicht ausreichend klar. Dadurch reduzieren sie ihre eigene Sicherheit und (durch suboptimale Zertifizierungen) die anderer. Sie können anderen die Entscheidung, Ihren Schlüssel zu zertifizieren, dadurch erleichtern, dass Sie auch User-IDs in Ihren Schlüssel aufnehmen, die nur Ihren Namen oder nur Ihre E-Mail-Adresse enthalten. Solche User-IDs mögen für manchen Zertifizierer eher akzeptabel (bzw. einfacher zu prüfen) sein.

    Wenn Sie sich bei einer User-ID sicher sind, sollten Sie sie zertifizieren. Das bedeutet, dass Sie eine Signatur über die Kombination aus öffentlichem Schlüssel und der User-ID erzeugen. Sie haben die Auswahl, ob Sie diese Zertifizierung nur für sich selber vornehmen ("lokale Signatur", lsign) oder für die Öffentlichkeit (das "Web of Trust"). Wenn ein Schlüssel mehrere User-IDs hat, können Sie entscheiden, welche davon Sie zertifizieren möchten.

    Sie können auch einen groben Hinweis geben, wie gründlich Sie die User-ID und den Schlüssel geprüft haben. Für OpenPGP-Anwendungen (und hoffentlich auch für Sie!) ist es ein großer Unterschied, ob ein Schlüssel als gültig erkannt wird oder nicht.

    Die öffentlichen Schlüssel, für die Sie auch den geheimen Schlüssel haben, gelten automatisch als gültig. Die anderen können Gültigkeit erlangen durch eine Zertifizierung eines Ihrer Schlüssel.

    Das Web of Trust (WoT)

    In Zusammenhang mit OpenPGP werden Sie immer mal wieder vom Web of Trust hören. Das ist eine indirekte Methode, Schlüssel Personen zuzuordnen, eine mächtige, aber komplizierte Technologie. Anfänger sollten das Web of Trust nicht benutzen, sondern sich erst mit der Verifizierung und Zertifizierung von Schlüsseln vertraut machen. Das WoT wird im Artikel OpenPGP für fortgeschrittene Anwender erklärt.


    Zusammenfassung der Verwendung der Schlüsselkomponenten

    Sie benötigen um
    den öffentlichen Schlüssel einer anderen Person Daten für sie zu verschlüsseln
    die Signaturen dieses Schlüssels zu überprüfen (auf technische Korrektheit; nicht ausreichend für die Gültigkeit des Schlüssels und damit der Signatur)
    Ihre geheimen Unterschlüssel Daten zu entschlüsseln, die für Sie verschlüsselt wurden
    Signaturen für Daten zu erzeugen
    Ihren geheimen Hauptschlüssel Ihren Schlüssel zu verwalten (User-IDs oder Unterschlüssel hinzufügen; Einstellungen wie das Ablaufdatum ändern)
    andere Schlüssel (d.h. manche oder alle von deren User-IDs) zu zertifizieren
    den Fingerabdruck des Schlüssels einer anderen Person prüfen zu können, ob Sie den richtigen Schlüssel importiert haben (bevor Sie ihn lokal oder für die Öffentlichkeit zertifizieren)


    weiterführende Artikel